Erstattungsantrag ab 2013
Sechs Punkte für den Abbau bürokratischer Regelungen im U1-U2-Erstattungsverfahren
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat zusammen mit dem GKV-Spitzenverband soeben die Grundsätze für U1-U2-Erstattungsanträge ab 2013 an die Vertretung der Arbeitgeber (BDA) zur Stellungnahme gesandt.
Aus Sicht unserer Anwender, die wir im Erstattungsverfahren beraten und für die wir die Grundsätze umsetzen, nehmen wir wie folgt Stellung:
1. maschinelles Antragsverfahren
Der Satz „Die Teilnahme am maschinellen Antragsverfahren auf Erstattung nach dem AAG ist für die Arbeitgeber nach § 2 Absatz 3 AAG verpflichtend.“ sollte ersetzt werden durch: „Ein Antrag in Papierform ist weiterhin möglich.“
Begründung:
Dass Arbeitgebern und Krankenkassen die Freiheit der Wahl der Form des Antrags genommen wird, liegt nicht im Interesse der Beteiligten.
In vielen Fällen ist ein Antrag einfacher in der direkten Kommunikation zwischen der Umlagenkasse und dem Arbeitgeber zu regeln. Der Antrag über das Abrechnungsprogramm ist weniger flexibel als der jahrzehntelang funktionierende auf dem Postweg versandte Papier-Antrag. Dieser sollte als Alternativverfahren Bestand haben, mindestens dann, wenn Umlagenkasse und Arbeitgeber sich über eine Antragsstellung auf diesem Weg einig sind.
2. Erstattung von SV-Arbeitgeberanteilen in U1 und U2
Bei den U1- und U2-Erstattungen sind die Arbeitgeberanteile zur SV in gleicher Weise zu erstatten. Dies kann durch einen pauschalen Aufschlag erfolgen, wie es bei U2-Erstattungen im Fall des Beschäftigungsverbotes schon der Fall ist. Der pauschalierte Aufschlag kann jährlich entsprechend der Höhe der SV-Beiträge neu festgelegt werden.
Begründung:
Im Falle von Krankheit und Mutterschaft-Beschäftigungsverbot zahlen Arbeitgeber den Lohn inclusive aller SV-Anteile fort. Dass der fortgezahlte Bruttolohnbestandteil „SV-Beitrag-Arbeitgeber“ in dem Fall ‚U2‘ in die Erstattung einbezogen, im anderen Fall der U1-Erstattung nicht einbezogen ist, ist mit dem Sachziel der Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen nicht vereinbar.
Mit der vorgeschlagenen Pauschalierung des AG-Anteils entfallen alle evtl. Schwierigkeiten der Ermittlung dieses Anteils.
3. Erstattung nach Kalendertagen oder Arbeitstagen
Änderung: Dem Erstattungsverfahren werden zwecks Vereinfachung nur Kalendertage zugrunde gelegt (ersatzweise: nur Arbeitstage).
Begründung:
Mit der Option ‚Kalender- oder Arbeitstage‘ im Antrag variiert die Höhe der Erstattung – jedoch ist nicht eindeutig, was anzuwenden ist. Beispiel: ein Mitarbeiter mit Rufbereitschaft fehlt von Freitag bis Montag einschl.: sind das zwei Arbeitstage oder vier Kalendertage? Ein Gehaltsempfänger fehlt von Dienstag bis Donnerstag: sind das 3 Arbeitstage oder 3 Kalendertage? Folge: der umgerechnete Tageslohn und damit die Erstattungshöhe fällt unterschiedlich aus.
Vereinfachungen sind i.d.R. damit verbunden, dass dem Einzelfall nicht zu 100% entsprochen ist. Diese Folge kann hier hingenommen werden, weil die Vereinfachung das Verfahren transparenter, leichter durchführbar und frei von ungleichen Ergebnisfolgen macht.
4. U1-Erstattung mit vier Erstattungssätzen
Änderung: Das Verfahren ist auf einen einzigen Erstattungssatz zu beschränken, so wie das U2-Verfahren nur einen Erstattungssatz kennt.
Begründung:
Die Zahl der Krankheitstage der Arbeitnehmer ist eine externe Größe, Betriebe haben darauf praktisch keinen Einfluss (wäre dies doch der Fall, müsste sich die Berufsgenossenschaft der Ursache annehmen). Ist ein Betrieb in einem Jahr zufällig mit vielen Krankheitstagen konfrontiert, so sollte er nicht mit geringer Erstattung (z.B. nur 40% !) bestraft werden, nur weil er die Zahl der Krankheitstage zu Jahresbeginn falsch eingeschätzt hatte. Hatte er den hohen Erstattungssatz gewählt, sollte dies nicht mit einem überproportionalem Beitrag belegt sein.
Die Aufsplittung in vier Beitrags- und Erstattungssätze hat den Charakter eines Glücksspiels bzgl. der Einschätzung der Krankheitstage der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber.
Die Bundesknappschaft kennt die Aufsplittung im U1-Verfahren nicht. Damit ist die Möglichkeit des Verzichts auf den vierfachen U1-Erstattungssatz ausreichend belegt.
5. Mutterschaftgeld
a) Die Zahlung von Mutterschaftsgeld durch die Arbeitgeber kann von Netto- auf Bruttozahlungen umgestellt werden, d.h. Beibehaltung der vorherigen Zahlungsströme, so wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bei Beschäftigungsverbot auch Brutto erfolgt.
Für den einzelnen Arbeitgeber ist die Beibehaltung der Brutto-Zahlungen kostenneutral, weil diese zu 100% erstattet werden. Der Vorteil ist eine immense Vereinfachung der Verfahren in SV und Steuer für alle Beteiligten. Das höhere Aufkommen an SV-Beitrag und Steuer wird implizit zurückgegeben durch einen Verzicht auf eine Beitrags- bzw. Steuererhöhung oder durch eine entsprechende Senkung.
b) Das Mutterschaftsgeld durch die Krankenkassen von (nur) 13 Euro/Tag kann in aller Regel entfallen, weil mit normaler Lohnfortzahlung diese Zahlung, die sonst abzuziehen wäre, aufgefangen ist. Tatsächlich wird durch die Netto- oder Bruttolohnfortzahlung des Betriebs das Einkommen im Falle der Mutterschaft schon immer durch den Arbeitgeber gesichert. Diese Arbeitgeberleistung wird durch den schiefen Begriff ‚Zuschuss zum Mutterschaftsgeld‘ sprachlich marginalisiert.
Vorteil der Änderung: Reduktion von Verwaltungsaufwand bei den Kassen und Vereinfachung bei den Arbeitgebern.
Anmerkung: Das überkommene Verfahren scheint wie in Beton festgegossen. Dennoch gehört der Punkt 5 in die Reihe der Änderungen, weil er zeigt, welches Potential an Bürokratieabbau dem Ministerium / den Verbänden offen steht, wenn die Aufgabe konsequent angegangen wird.
6. Verrechnung eines Erstattungsbetrages mit dem Kassennachweis
Änderung: Eine beantragte Erstattung sollte nicht verrechnet werden können.
Begründung:
a) Die Komplexität des vorfälligen Kassennachweis wird durch die Verrechnung nur weiter erhöht.
b) Einem evtl. Widerspruch der Kasse gegen die beantragte Erstattung stünde eine erfolgte Verrechnung entgegen.
c) Die Verrechnung ist keine Vereinfachung des Verfahrens, vielmehr wird die Weitergabe der Lohnkosten an die Fibu verkompliziert.
Summa summarum
Die Anpassung von Datensätzen ist mit Kosten verbunden, die unausweichlich den Arbeitgebern und ihren Softwareherstellern auf die Schultern gelegt werden – im Fall U1 den Arbeitgebern in Firmen bis 30 Mitarbeitern. Ein Ausgleich für die Kosten des Verfahrens, wie ihn die Kassen für den Beitragseinzug erhalten, wird den Arbeitgebern und ihren Softwareherstellern nicht gewährt.
Wenn die Datensätze ‚AAG‘ für die Zeit ab 2013 festgeschrieben werden, dann sind zuvor die Möglichkeiten eines Abbaus bürokratischer Regelungen im Verfahren zu prüfen und – falls keine entscheidenden Gegenpunkte gefunden werden – auszuschöpfen.
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